Wo war der Volto Santo in Rom?
Der Sitz des Papstes in Rom war bis 1309 im Lateran, von 1309 – 1377 in Avignon. Erst ab 1417 residieren die Päpste ununterbrochen im Vatikan.
Die alte Peterskirche (Alte Peterskirche in Rom 4. Jahrhundert), über dem Grab des hl. Petrus von Kaiser Konstantin im 4. Jh. erbaut, war eine Wallfahrtskirche. Um die Mitte des 15. Jh. entwarf Papst Nikolaus V. Baupläne bei der alten Peterskirche, die aber nur z. T. umgesetzt wurden. Im Jahre 1506 begann man mit dem Bau des heutigen Petersdomes, der 1626 eingeweiht wurde. Gemäß dieser historischen Fakten ist klar, dass der Volto Santo zunächst im Altar der Hauskapelle des Lateranpalastes, der heutigen Sancta Sanctorum, untergebracht war, nachdem er um 700 von Konstantinopel auf geheimen Wegen nach Rom kam. Diese Kapelle befindet sich heute in der Scala Santa (heilige Treppe) beim Lateran (Scala Santa beim Lateran heute). Die Inschrift oben lautet: SIXTUS V FECIT SANCTIORI LOCO SCALAM SANCTAM POSUIT (deutsch: Sixtus V. baute an diesem allerheiligsten Ort die heilige Treppe). Sie war ursprünglich die Zugangstreppe zum Palast des Lateran. Ende des 16. Jh. erhielt die bis dahin frei stehende Treppe ihren heutigen Überbau im Auftrag von Papst Sixtus V. (1585 - 1590). Der Überlieferung nach soll sie aus dem Palast des Pontius Pilatus stammen und durch Kaiserin Helena 326 aus Jerusalem hierher gebracht worden sein (s.Internet Lateran). Über diese Treppe gelangt man in die Papstkapelle Sancta Sanctorum. Innozenz III. (1198 – 1216) ließ den Altar mit einer großen Silberplatte bedecken, so dass nur noch das Gesicht zu sehen war. Das jetzige Altarbild (Altarbild in der Sancta Sanctorum hinter dem der Volto Santo aufbewahrt wurde.) ist ein Gemälde (Kopie) vom "Volto del Salvatore" aus der Zeit des Papstes Alexander III. (1159 – 1181). Dieses Altarbild wurde mehrfach abgemalt oder gezeichnet. Die Inschrift darunter lautete jeweils: VERA EFICIES SSMI SALVATORIS AD SANCTA SANCTORUM DE URBE (deutsch:Wahres Bild des allerheiligsten Erlösers in der Sancta Sanctorum der Stadt).
Papst Honorius III. (1216 – 1227) verschönerte vermutlich den Altarraum dieser Kapelle durch Mosaikbilder, von denen eines Christus in der Art zeigt (Christusmosaik im Altarraum um 1225), wie sein Gesicht auf dem Volto Santo in Manoppello aussieht und zwar von der Treppe aus.
Die Papstkapelle "Sancta Sanctorum" erhielt ihr heutiges Aussehen (Die Hauskapelle des Papstes "Sancta Sanctorum" innen) unter Papst Nikolaus III. (1277 – 1280). Er ließ zwei der ursprünglich drei Altäre abreißen, die Kapelle neu ausmalen und mit einem Kosmatenfußboden und Marmorplatten an den Wänden schmücken. Über die vorherige Ausmalung kann nur spekuliert werden. Die älteste Erwähnung der Kapelle ist eine Notiz aus der Vita Gregors IV. (827 – 844). Hier trägt sie noch den Namen "capella/basilica sancti Laurentii". Aber es scheint gewiss, dass der Ort einer der ältesten Reste des antik-mittelalterlichen Papstpalastes ist. Sie war die Hauskapelle des Palastes. Darin wurden die wichtigsten Reliquien aufbewahrt. Und die wichtigste war der Volto Santo. Über dem Altar steht deshalb die Inschrift: NON EST IN TOTO SANCTIOR ORBE LOCUS (deutsch: Es gibt auf der ganzen Welt keinen heiligeren Ort).
Ein Fresko darüber (um 1280) zeigt Christus auf einem Thron (Christusbild über dem Altar der Sancta Sanctorum um 1280). Sein Gesicht sieht dem Volto Santo ähnlich. Dieser galt seit seinem Auftauchen in der Vita Stephans II. (752 – 757) als nicht von Menschenhand gemacht (griechisch = acheiropoieton). Er wurde urkundlich nachweisbar bereits von Papst Stephan II. 753 durch Rom getragen, um eine Invasion der Langobarden abzuwehren.
Die Fresken über dem Altar zeigen ferner (links oben) Papst Nikolaus III. (1277 – 1280), wie er das Modell der Papstkapelle Sancta Sanctorum nach der Renovation Christus auf dem Thron (rechts oben) überreicht. Das Gesicht Christi ist dem Volto Santo gleich, aber jetzt mit der anderen Blickrichtung, wie man es in Manoppello vom Kirchenschiff aus sieht. Ja, es ist fast deckungsgleich, also in Ausdruck und Maßen nach dem Vorbild des Volto Santo gemalt (Christusgemälde über dem Altar in der Sancta Sanctorum, um 1280).
Historische Zeugnisse vom Volto Santo in Rom
730 Papst Gregor II. (+731) begründet in einem von ihm veranlassten Brief an Kaiser Leon die Bilderverehrung mit dem Hinweis auf "das nicht von Händen gemachte Bild" Christi (s. Illert, S. 70).
753 Papst Stephan II. trägt "ein nicht von Menschenhand gemachtes" Christusbild durch Rom, um die Langobarden aufzuhalten (s. Liber Pontificalis; s. P. Badde, Das göttliche Gesicht, S. 131).
1011 Papst Sergius IV. (1009 – 1012) weiht dem damals sog. "Schweißtuch" (sudarium) einen eigenen Altar in der Veronikakapelle im damaligen Petersdom (Alter Petersdom im Rom, außen) (s. P. Badde, S. 133).
1130 wird vermerkt: "Dann begibt sich der Papst zu dem Schweißtuch Christi, Veronika genannt, und streut Weihrauch" (s. Internet: http://www.immaculata.de/ S. 10). (vgl. P. Badde, S. 133).
1143 wird erstmals überliefert, dass das Schweißtuch auch "Veronika" genannt wird (vgl. P. Badde, S. 133). Dies führte zur Verwechslung mit dem "Schweißtuch der Veronika". Deshalb malten viele dieses anfangs so, wie der Volto Santo aussieht (Volto Santo als Veronika).
1208 heißt es: "Da verfügte Papst Innozenz III. – unter dessen Herrschaft am 13. April 1204 Konstantinopel von den Kreuzfahrern erobert und geplündert worden war -, da bestimmte dieser Papst also erstmals, dass das Bild fortan an jedem zweiten Sonntag nach dem Epiphaniefest am 6. Januar in einem Rahmen in feierlicher Prozession vom alten Petersdom zur Kirche des alten Hospitals Santo Spirito in Sasso und zurück getragen wurde" (s. P. Badde, S. 133f).
1290 wird bezeugt:"Der Herr hat gewollt, dass man in genannter Basilika (Petersdom) das kostbare Bild seines heiligen Antlitzes, bekannt unter dem Namen Veronika, mit dem Körper des hl. Petrus und vieler anderer Heiligen verwahre" (Altar, in dem seit 1290 der Volto Santo im alten Petersdom aufbewahrt wurde.).
http://www.immaculata.ch/
1350 wird beim 1. Hl. Jahr vermerkt: "Der Zulauf der Pilger war bei dieser Gelegenheit unermesslich. Der Papst (Clemens VI.) schrieb an die Domherren der Basilika, um ihnen die häufige Ausstellung des heiligen Antlitzes anzuempfehlen, wegen der großen Verehrung der Gläubigen für diese kostbare Reliquie".
1410 berichtet Cancellieri nach einem Tagebuch, dass "…den 4. Oktober 1410 das Schweißtuch der Veronika (Volto Santo?) von der Sakristei von St. Peter nach der Engelsburg gebracht wurde, damit es nicht den Schmähungen der Soldaten ausgesetzt sei".
1492 erhielt Papst Innozenz VIII. vom türkischen Kaiser "…die heilige Lanze, welche die Seite des Erlösers geöffnet hatte… und ließ die kostbare Reliquie in die so genannte Kapelle des heiligsten Schweißtuches unterbringen".
1506 wird einer der 4 Pfeiler der Kuppel des neuen Petersdomes als Aufbewahrungsort für die "Veronika" vorgesehen (Veronikapfeiler im Petersdom).
1849 Pius IX lässt das Bild im Veronikapfeiler zur dreitägigen Verehrung ausstellen. Dabei werden Kopien angefertigt. Eine davon kommt nach Tour und wird von der hl. Theresia v. Lisieux verehrt (s. Leo Dupont). Sieht so das Veronikabild aus, das noch im Veronikapfeiler aufbewahrt wird? (Veronikabild von Tour).
Zu diesen Fakten erheben sich Fragen wie:
1. Seit wann gab es im Petersdom die sog. "Veronikakapelle", in der Papst Sergius 1011 einen eigenen Altar für das Schweißtuch weihte? Und wozu weihte er für das "Schweißtuch" einen eigenen Altar, wenn dieses Tuchbild zur damaligen Zeit in der Sancta Sanctorum aufbewahrt wurde?
2. Warum ordnete Papst Innozenz III. die Prozession mit dem Schweißtuch vom Petersdom zur Kirche S. Spirito an und nicht vom Lateran aus, wenn damals das Tuchbild in der Hauskapelle Sancta Sanctorum war?
3. Warum wurde das Schweißtuch 1290 in die Peterskirche überführt, wenn man die Sancta Sanctorum kurz zuvor (1280) als Aufbewahrungsort so kostbar ausgestaltet hatte?
4. Warum wurde das "Schweißtuch der Veronika" 1410 von der Sakristei der Peterskirche in die Engelsburg überführt? War es das damalige Kirchenschisma, das erst auf dem Konstanzer Konzil (1414 – 1418) beendet wurde? Und wie lange blieb es dort in der Engelsburg? Bis 1492, als Papst Innozenz VIII. es in die sog. "Kapelle des heiligsten Schweißtuches" nach St. Peter bringen ließ?
Quellen:
Illert, Martin, (2007), Die Abgar Legende – Das Christusbild von Edessa, Verlag Turnhout Brepols
Badde, Paul, (2007), Das göttliche Gesicht, Verlag Droemer / Knaur
Cempanari, (1999), Scala Santa e Sancta Sanctorum, Rom
Internet "Lateran": http://de.wikipedia.org/
Verfasser: Pfarrer Josef Läufer